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Aufbruch ohne Gewicht.

Ich öffne.
Ich öffne den Koffer und packe meine Sachen.
Ich packe die Sachen aus meiner Erinnerung und falte und ordne sie an. Der Koffer ist zu klein und ich hole auch meinen Rucksack und die Plastiktüten unter der Spüle. Die Sachen aus meiner Erinnerung liegen vor mir auf dem Boden. Ich denke an den Traum vom Überwintern.

Ich stricke.
Ich stricke ein paar Socken und ein Unterhemd.
Ich trage die Socken und das Unterhemd. Die Ränder des Unterhemdes kratzten mich unter den Achseln. Die Achselhaare verfangen sich ab und zu in der Wolle. Ich merke das, wenn ich meine Dehnübungen mache nach dem Mittagessen und die Arme hinter den Kopf strecke.

Ich zeichne.
Ich zeichne in mein Notizbuch.
Ich zeichne Kreise und Quallen in mein Notizbuch. Wenn ich zeichne, baue ich Gedankenkonstrukte. Man kann sich das vorstellen wie bei Lego. Ich denke, vielleicht sollte ich Architekt werden. Und die gesamte Epoche revolutionieren.

Ich stehe.
Ich stehe am Fenster meines Zimmers.
In meinem Zimmer steht nur ein Bett. Sonst nichts. Gut, noch eine Heizung. Aber die ist eingebaut. Ich stehe am Fenster und beobachte die vorbeifliegenden Wolken. Ich gebe ihnen Namen. Ich denke an die Dinge, die ich aufschiebe. Und ich denke an blinde Besucher.

Ich höre.
Ich höre Musik aus dem Radiorecorder.
Das Radio steht auf dem Küchentisch. In meiner Küche stehen nur der Küchentisch und der Radiorecorder. Sonst nichts. Gut, noch braune Schränke. Aber die sind eingebaut. Ich höre die Musik von Mohammed Reza Shajarian. Ich denke an das Land, in dem Mohammed Reza Shajarian lebt.

Ich hämmere.
Ich hämmere in die Tastatur meines Computers.
Wenn ich auf meinem Computer schreibe, tönt das wie Musik. Ich schreibe immer in der Nacht. Wenn ich aufblicke und die Fensterläden öffne, weiss ich nicht, ob der Morgen oder ob der Abend dämmert. Wenn ich schreibe, schliesse ich die Fensterläden mit einem überzeugenden Knall. Dann drücke ich den Schalter und die Glühbirne wird hell.

Ich bastle.
Ich bastle an meinem Elektroofen.
Der Elektroofen steht in der Stube. In der Stube liegt ein Tigerfellteppich mit einem Tigerkopf dran. Ich schlafe auf dem Tigerfellteppich. Ich schlafe immer gleich, auf der linken Seite, ganz eingeigelt, so schlafe ich auf meinem Tigerfellteppich. Der Elektroofen knackst.

Heute bekam ich einen Anruf vom Amt für Statistik. Man hat mich gefragt, was ich mache in meinem Leben. Da schob ich meinen Koffer wieder unter das Bett und ohne Gewicht brach ich auf.

Eva Seck